Was wirklich vom Klischee bleibt
Ungebundenheit:
In meinem Artikel vom letzten Mal habe ich das Klischee aufgenommen, dass kreative Köpfe den lieben langen Tag vor sich hin leben und tun und lassen können, was sie wollen. Was auch beinhaltet, dass sie, im Gegensatz zu Ottilie Normalverbraucherin, aufstehen und mit dem Arbeiten anfangen können, wann sie wollen. Nach Vorstellung normaler Leute ist das natürlich nicht vor Mittags und danach geht man ganz gemächlich an die Arbeit, die eigentlich keine ist, weil es doch in Wahrheit der pure Spaß ist.
Ist das so?
Jein.
Natürlich stimmt es, dass kreative Köpfe keinen Chef haben, der ihnen sagen kann, wann sie zur Arbeit zu erscheinen haben, allerdings ist es so, dass die Tage der meisten Freiberufler und solche sind Autor*innen und Blogger*innen, bis zum Rand mit Arbeit vollgepackt ist. Denn in der Regel wird ihre Arbeit als Lektor*in, Journalist*in oder sonstige Texter*in eher mies bezahlt. Zugleich müssen sie sich selbst versichern, was ziemlich kostspielig ist. Derzeit zahlt man um die 200 Euro pro Monat. Die müssen auch erst mal verdient werden. Folglich könnten Freiberufler erst gegen Mittag aus dem Bett fallen, aber sie tun es nicht. Weil sie so viel Arbeit wie möglich in die Wachstunden drücken müssen.
Spaßige Arbeit im Kaffee:
Räumen wir doch gleich mit dem nächsten Klischee auf: der Arbeit im Kaffee.
Ja, mag es geben, aber die meisten Freiberufler arbeiten im home office. Denn, wer die teure Krankenkasse selbst zahlen muss, der hat relativ wenig Geld übrig für teure Kultgetränke. Ist doch klar. Der durchschnittliche Autor oder die durchschnittliche Autorin wird also am heimischen Schreibtisch hocken und dort tippen. Und nein, es wird auch nicht nur für 2 Stunden getippt, sondern deutlich länger. Ottlie Normalverbraucherin mag eine 40 - Stunden Woche haben, wenn sie voll arbeitet. Bei Freiberuflern sind 60 - Stunden Wochen eher die Regel. Denn, wie bereits oben gesagt, die meisten Arbeiten bringen nicht viel Geld ein und die Versicherung ist teuer. Daher muss ein Blogger, eine Bloggerin oder eine Autorin durchaus mehrere Aufträge annehmen, wenn am Ende das Geld für die Miete, das Essen, etwas Kleidung und die Krankenversicherung zusammenkommen soll. Was mich gleich zum nächsten Punkt bringt: Freiberufler können sich ihre Jobs aussuchen und haben immer Spaß daran.
Jein.
Ja, ein Autor, eine Autorin kann sich ihre Arbeit aussuchen. Im Gegensatz zu Ottilie Normalverbraucherin, die sich an die Anweisungen ihres Chefs halten muss. Aber, wenn man am Ende des Monats auf sein Geld kommen will, wird man dafür in Kauf nehmen müssen, nicht ganz so wählerisch zu sein und durchaus Aufträge annehmen, die… nun ja, nicht ganz so Bombe sind.
Der Spaßfaktor der Arbeit variiert also durchaus. Ganz wie bei normalen Arbeitnehmern auch.
Übrigens trifft das nicht nur auf die einzelnen Projekte zu, die man übernimmt, um die Miete zu zahlen. Auch das Schreiben von Büchern kein reines Zuckerschlecken. Wenn man in der 5ten Überarbeitung einer Szene steckt und es immer noch nicht läuft, dann ist das nicht erhebend, sondern nur noch frustrierend. Besonders wenn man sich überlegt, was man an einem Buch verdient.
Einkommen:
Kaufe ich ein Buch im Handel, zahle ich zwischen 10 bis 20 Euro. Normale Menschen nehmen nun an, dass der gesamte Preis an den Autoren / die Autorin geht.
Das ist falsch.
Der Preis des Buches wird in der Regel zwischen den verschiedenen Parteien geteilt, die an der Entstehung des Buches teilhaben. Je nachdem, wie das Buch entstanden ist, können das unterschiedlich viele sein, was dazu führt, dass mal mehr, mal weniger Geld am Ende beim kreativen Kopf ankommt. Zum Beispiel gibt es da den Drucker, der natürlich die Kosten für Papier, Satz und Tinte plus noch einen kleinen Zugewinn verdienen will. Hat man ein professionelles Cover erstellen lassen, geht ein Teil des Preises an die Grafikerin oder den Grafiker, welche übrigens auch Freiberufler sind, wie der Autor* in. Ist noch ein Verlag beteiligt, zweigt dieser sich auch einen Gewinn ab und für eine Agentur gilt das Gleiche. Wenn man bedenkt, dass ein Buch 20 Euro kostet, bleibt am Ende nicht mehr viel für den eigentlichen Erschaffer übrig. In der Regel verdienen Autoren und Autorinnen lediglich ein oder zwei Euro pro Buch. Bei E - books ist es vielleicht etwas mehr, aber viel ist es auch nicht. Die Zeit hingegen, die man pro Buch investiert, liegt zwischen einem halben oder einem Jahr. Teilweise sogar anderthalb.
So… nun macht selbst die Rechnung auf und fragt euch: wärt ihr bereit für sagen wir 20 Euro anderthalb Jahre zu schuften?
Also…
Und das genau ist der Grund, warum viele Autor*innen und Blogger*innen neben ihrer Berufung noch einen normalen Beruf haben, der ihnen die Miete und Krankenkasse sichert, während sie das Schreiben auf die Abendstunden oder den Urlaub verlegen. Achtet mal drauf, wie viele von ihnen von ihrem „Brotjob“ sprechen. Das ist dann in der Regel der Hauptjob, der die Rechnungen zahlt.
Das Klischee, dass Autor*innen oder Blogger*innen entweder im Geld schwimmen oder aber am Hungertuch nagen, stimmt also nicht. In der Regel haben sie schon ihr Auskommen, aber wenn sie Pech haben und keinem „Brotjob“ an sich nachgehen, sondern sich mit Aufträgen über die Runden bringen, kann es durchaus sehr hart verdientes Brot sein.
Doch kommen wir zum letzten Klischee, das ich in meinem letzten Artikel aufgeworfen habe:
Party:
Die Vorstellung ist, dass in der Kunstszene jeder jeden kennt und man ständig am Feiern ist. Nach getaner Arbeit hat ein*e Autor*in nichts Besseres zu tun, als irgendwohin zum Feiern zu gehen. Was jedoch auch als Teil ihrer Arbeit gesehen wird, schließlich müssen Künstler*innen netzwerken, also Kontakte knüpfen, um an weitere Kontakte und Informationen zu kommen.
Das stimmt zum Teil.
In der Regel netzwerken Autor*innen und Blogger*innen schon und früher oder später kennt man einen Teil der Pappenheimer. Aber zeigt mir einen Job, bei dem das ausbleibt. Auch in großen Institutionen kennt man seine Leute, von denen man weiß, dass sie einem weiterhelfen können, dass man noch einen Gefallen einfordern kann und umgekehrt. Menschen gehen Beziehungen ein. Egal in welchem Job sie arbeiten.
Doch kommen wir zu den Parties. Dazu sage ich nur: schön wäre es. Aber nein, wir machen nicht andauernd Party. Sicher, auch wir haben unsere Treffen und Veranstaltungen wie jede andere Branche auch und dann kann es lustig werden. Aber auch das ist kein Alleinstellungsmerkmal, oder?
Außerdem, wenn man eine 60 – Stunden - Woche schiebt, plus das Wochenende nutzt, um der Familie, dem Haushalt und dem Schreiben gerecht zu werden, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man noch Tanzen geht? Eher gering. Netflix und chill ist da eher angesagt. Oder eben arbeiten nach dem Brotjob.
Fazit:
Das echte Leben von Autor*innen und Blogger*innen ist bei Weitem nicht so frei und cool, wie man meint. Im Gegenteil, es ist gut durchorganisiert, straff getaktet, um allem gerecht zu werden und was die Freiheit und Spaßfaktor angeht, so mag der variieren, wenn man sich wirklich als reiner Freiberufler mit Auftragsarbeiten über Wasser hält, aber am Ende müssen sie auch ebenso, wenn nicht sogar noch härter arbeiten als normale Angestellte.
Auch die Verdienstmöglichkeiten sind nicht das, was man erwartet. Weder so üppig wie man denkt, noch so furchtbar, wie sich immer alle vorstellen.
Oder? Wie seht ihr das?
Was für Klischees fallen euch ein, die ihr mit dem Autorenleben verbindet?
Welchen Teil des Autorenlebens mögt ihr am meisten, wenn ihr eines führt?
Lasst es mich in den Kommentaren wissen.