Totgesagte leben länger, siehe Goethe.

Was sind Modetrends?

Die meisten werden sagen, sie sind Dinge, die als flüchtige Verirrungen angesehen werden und die die Tendenz haben (leider) wiederzukommen. Nicht anders ist es zu erklären, dass wir regelmäßig die Mode der 80 ziger oder auch der 90 ziger in unseren Läden sehen.

Super, werdet ihr sagen. Und was hat das mit Schreiben, Goethe und Veröffentlichen zu tun?

Ganz einfach: Auch in der Literaturbranche gibt es etwas, dass von vielen ein Trend oder vorübergehende Verwirrung genannt und bereits tot gewähnt wurde und das doch vor gut zwanzig Jahren wiederauferstanden und seitdem lebendiger ist, wie nie zuvor.

Gemeint ist das Phänomen des  Self-Publishing oder wie es im Deutschen korrekt heißt: das Veröffentlichen im Selbstverlag.

Auch dieses wurde, als es Anfang der 90ziger Jahre wiedererstarkte von vielen in der Buchbranche belächelt und als Verirrung einiger Möchtegernautoren abgetan. Jeder, der keinen traditionellen Verleger, also einen großen Verlag, finden konnte, fühlte sich, so hieß es in seiner Ehre gekränkt und machte sich auf sein Werk im Selbstverlag herauszugeben. Dabei wurde im gleichen Atemzug unterstellt, dass besagtes Werk nichts Wert sei und sehr schnell hatte das Selbstverlegen einen passenden Spitznamen weg: Vanity Publishing, das Selbstverlegen aus gekränkter Eitelkeit und Mangel an Qualität. Die Großen der Branche beruhigten sich mit dem Gedanken, dass sich so ein Phänomen niemals würde halten können. Es sei ein vorübergehender Trend, wie eben die Modetrends.

Tja…

Inzwischen sind fast zwanzig Jahre ins Land gegangen und was die Buchbranche damals noch als vorübergehende Irrung und Mode abstempelte hat sich nach wie vor gehalten. Ja, nicht nur gehalten. Inzwischen ist die Branche gewachsen und gar nicht mehr so zwielichtig, wie sie am Anfang schien.

Gab es zu Beginn nur BoD, an die man sich wenden konnte, um sein Buch verlegt zu sehen, so hat man inzwischen die Wahl zwischen über dreißig Anbietern, wenn ich mich nicht täusche. Eine genaue Zahl gibt es leider nicht, offenbar hat sich noch niemand die Mühe gemacht mal zu zählen, wie viele Anbieter es gibt. Was aber auffällt, es gibt ein paar Namen, die immer wieder genannt werden, wenn man das Netz nach Dienstleistern zum Verlegen absucht. Solche sind:

BoD, vermutlich der älteste Dienstleister. Dann folgen Kindle direct, von Amazon, tredition, auch ein Urgestein, was Selbstverlag angeht und dann kommen Dienstleister wie epubli, Neobooks, Tolino, auch eine bekannte Größe, Bookrix, Lulu, ebenfalls ein Urgestein und Twentysix, Satzweiss und und und.

Neben dem Fakt, dass es inzwischen deutlich mehr Anbieter gibt, als noch vor gut zwanzig Jahren gibt es auch noch weitere Entwicklungen zu vermelden, was den Selbstverlag angeht.

So ist das Selbstverlegen längst nicht mehr so zwielichtig, wie früher noch, geschweige denn, dass die Qualität der Bücher schlecht wäre. Dafür sorgen die entsprechenden Dienstleister, indem sie heute längst mehr anbieten als den reinen Druck. Bei jedem der Dienstleister kann man auch Lektoren, Grafiker für die Gestaltung der Buchcover finden, die einem helfen das eigene Buch zu gestalten und die Qualität zu sichern, was dazu führt, dass der Modetrend, beziehungsweise die Selbstverleger inzwischen so gut sind, dass auch die traditionellen Verlage, die sie vorher geschmäht haben, nicht mehr an ihnen vorbeikommen. In zweierlei Hinsicht.

Zum einen gibt es inzwischen zahlreiche Selbstverleger, die von traditionellen Verlagshäusern gegründet wurden, also nur eine Art Auskoppelung für den Sonderfall Selbstverlag darstellen, weil die Verlage begriffen haben, dass auch mit diesen Autoren und ihren Werken gutes Geld zu machen ist. Und zum anderen sind Selbstverleger offenbar manchmal doch nicht qualitativ so schlecht, als das man es als Verlag es nicht in Erwägung ziehen könnte, sie in das eigene Haus einzuladen um das Repertoire zu erweitern. Eine Entwicklung, die zu Beginn des Selbstverlages noch undenkbar gewesen wäre. Wobei natürlich nur die Besten, also die mit den höchsten Verkaufszahlen, genommen werden. Nichts desto Trotz hat diese Entwicklung zu einer neuen Art von Autoren geführt: den Hybridautoren.

Hybridautoren:

Hybridautoren sind eine Mischung zwischen Selbstverleger und Verlagsautor. Einen Teil ihrer Bücher haben sie auf Self-Publishing Plattformen herausgebracht und manche Bücher werden in einem traditionellen Verlag verlegt. Die Entwicklung geht übrigens auch umgekehrt. Also vom traditionellen Verlag aus in den Selbstverlag und auch das wäre in den Anfängen der Branche nicht denkbar gewesen. 

Doch, was reizt Autoren am Selbstverlag?

Viele der Autoren die im Selbstverlag veröffentlichen schätzen die Freiheit.

Sie haben die Möglichkeit, alles selbst zu bestimmen, was ihr Buch angeht. Sie wählen den Lektor, sie wählen das Cover und den Grafiker, welche Vertriebskanäle sie nutzen wollen und sie bestimmen, in welcher Form das Buch herausgebracht werden soll. Ebook oder Print? Oder doch beides? Abgesehen von diesen Punkten ist es natürlich der höhere Verdienst pro verkauftem Buch, der reizt, denn bei einem Selbstverlag bleibt am Ende des Tages mehr für den Autor übrig.

Der Nachteil des Ganzen: man muss sich auch selbst kümmern. Marketing, Cover, Lektorat, alles kann man selbst wählen, muss es aber auch selbst machen und zahlen. Ein Rundumservice wie im traditionellen Verlag gibt es da nicht.

Und was hat all das mit Goethe zu tun?

Nun, was denkt ihr, was der war? Etwa Verlagsautor? Zu seiner Zeit gab es noch keine großen Verlagshäuser, an die er seinen Werther oder Faust hätte schicken können. Goethe war Selbstverleger und zeigt damit, dass etwas, das man als schnelle Mode abtut, am Ende doch länger lebt, als man sich vorstellen kann. Oder eben von den Toten aufersteht. Denn, Totgesagte leben eben doch länger.

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