Haste mal ´nen Euro? - crowd funding und Co. bei Autoren
Dieses Frühjahr erreichte ein neuer Trend die deutschsprachigen Autoren bei Twitter: Patreon
Jeder musste sich plötzlich einen Account zulegen. Alle wollten wissen ob man einen Account hat, wenn nicht warum nicht und crowd funding war plötzlich in aller Munde.
Nun gleich vorweg, ich habe keinen Patreon oder irgendeinen anderen Account dieser Art und ich habe auch nicht vor mir einen zuzulegen, denn so ganz nachvollziehen kann ich den Hype nicht.
Und wenn ich sage, ich verstehe den Hype nicht, dann meine ich das nicht nur aus Sicht einer Künstlerin, sondern auch und gerade aus Sicht des Kunden, denn ich verstehe nicht, warum ich mich auf so etwas einlassen sollte, denn irgendwie ist es schon wie das Kaufen der Katze im Sack oder?
Doch, betrachten wir das Phänomen Paetron oder crowd funding erst einmal genauer:
Was ist crowd funding? Was ist Patreon?
crowd funding ist etwas, dass seinen Ursprung in Amerika hat und dort schon zum guten Ton zu gehören scheint und offenbar hat es der Trend nun auch nach Deutschland geschafft und zwar ohne Außnahme, was das “Produkt” angeht, was so finanziert werden soll. Was bedeutet, dass dieser Trend auch nicht vor Buchprojekten Halt macht. Ist ja auch logisch, wenn man bedenkt, dass die Idee, die dahinter die ist, dass man seine Idee, sein Hobby, von der breiten Masse finanziell unterstützen lässt, um es für einen selbst einfacher zu machen dem nachzugehen. Wie genau, dafür gibt es verschiedene Wege.
Zum einen gibt es da die, die zu regelmäßigen Spendern werden. Von da an werden sie dann Mitglieder, Mäzene oder Goldinteressenten oder was auch immer genannt und können, weil sie regelmäßig den Künstler unterstützen, einen Vorteil erwarten können. Oft bekommen sie kleine Aufmerksamkeiten für ihre Freigiebigkeit. Was genau das ist, bleibt dem Künstler überlassen und kann vom Lesezeichen, über die Widmung im Buch bis hin zu dem fertigen Buch als „Geschenk“ reichen. (Wobei wir hier vergessen, dass dies eigentlich kein Geschenk ist, da sie das Buch während seiner Entstehung finanziert und getragen haben. Man könnte auch sagen, sie sind in Vorkasse gegangen.)
Ein anderer Weg ist, dass man die Leute für alles einzeln bezahlen lässt und / oder ihnen die Freiheit einräumt, selbst entscheiden zu können ob und wie viel sie geben. Bei der ersten Variante, dass man für jede Leistung, zum Beispiel für jeden Artikel einzeln zahlen muss, fällt mir spontan das Zeitungsmodell ein. Die zweite Version ähnelt eher dem Prinzip eines Straßenkünstlers, der seine Musik spielt und hinterher den Hut herumgehen lässt in der Hoffnung auf Spenden, was dann für die Zuschauer bedeutet, jeder kann selbst entscheiden ob und wie viel er oder sie gibt. Handelt es sich um das letztere Modell, findet man unter dem Artikel oft nette Kommentare wie: “Hat dir der Artikel gefallen, gib mir doch einen Kaffee aus”, mit dem Link auf das entsprechende Patreon Konto. Der “Vorteil” an diesem Modell ist, dass es neben der Tatsache, dass ich als Konsument selbst entscheiden kann ob ich bereit bin etwas für die “Leistung” zu geben, ich die Leistung vorher gesehen habe. Im Gegensatz zu der Variante, wo ich über Monate hinweg einen Künstler und sein Projekt finanziere ohne wirklich zu wisse, ob es den Aufwand lohnt, kann ich das hier bereits nachvollziehen, da meine Spende an eine konkrete, sichtbare Leistung gekoppelt ist.
Und Patreon?
Nun, Patreon ist einfach eine Plattform mit der man das crowd funding, also die Finanzierung abwickeln kann. Mehr nicht. Es ist nicht die einzige Möglichkeit so etwas einzurichten, aber es ist eine der bekanntesten.
So weit zur Sicht des Interessenten. Doch was ist für den Künstler drin? Warum sollte man sich als Autor dafür erwärmen?
Mäzentum 2.0
Man sollte meinen, das läge klar auf der Hand. Regelmäßige Spender bedeuten ein regelmäßiges Einkommen.
Die Idee, oder sagen wir lieber Wunschvorstellung, auf Seiten der Künstler in Bezug auf crowd funding ist, dass sie genug Spender bekommen, sodass sie dann ihren mühsamen Brotjob kündigen und sich nur noch der Kunst widmen können, während die Miete und die restlichen Kosten aus eben diesen Spenden bestritten werden können. Mäzentum 2.0. Auch nichts Neues. Förderer der Kunst gab es zu allen Zeiten und genauso alt ist der Fakt, dass man als Künstler eben diese Leute bei Laune halten muss. Und genau da liegt meines Erachtens das Problem für beide Seiten. Doch lasst mich hier mit dem Problem für den Künstler anfangen.
Wie gesagt, die Wunschvorstellung vieler Künstler ist, sie richten sich so ein Patreon Konto ein und sie können ihren lästigen Brotjob kündigen.
Die Realität sieht leider anders aus.
Oft sind die gespendeten Beträge klein und obwohl auch Kleinvieh Mist macht, reicht es bei Weitem nicht aus, um auch nur die Stunden im Job zu reduzieren. Man steht also immer noch genauso in Lohn und Brot wie zuvor, hat vielleicht etwas mehr finanzielle Freiheit, mit der man sich das eine oder andere Material kaufen kann, aber zu mehr reicht es in den meisten Fällen nicht. Und, was die meisten bei ihrem Wunschtraum nicht bedenken ist, dass sie mit den festen Spendern eine weitere Verpflichtung eingegangen sind.
Es ist Usus, Sitte, dass man für die Spenden etwas gibt. Eine kleine Aufmerksamkeit, aber auch diese will angefertigt und unter die Leute gebracht werden und natürlich muss man aus jeder dieser Aufmerksamkeiten eine Show machen, denn Ziel ist es, dass man mit allem was man tut immer mehr dieser festen Spender anzieht. Man kann also nicht einfach seine Geschenke an die entsprechenden Mitglieder, Freunde oder wie auch immer man sie nennt, verteilen, ohne es publik zu machen. Für den Künstler bedeutet das zusätzliche Arbeit und weniger Zeit für sein eigentliches Projekt.
Wo ist da die Entlastung?
Für mich klingt das nur nach noch mehr Arbeit. Deswegen würde ich mir bei meinem ohnehin schon vollem Plan das nicht noch zusätzlich aufhalsen wollen. Dann spare ich lieber länger für eine Leistung die ich für mein Projekt brauche.
Kommen wir nun zur Seite des Interessenten und wo das Problem bei einer solchen Förderung liegen kann.
Sehen wir doch mal genau hin, was fördere ich denn als festes Mitglied? Ein Projekt, was noch nicht existiert. Also, mit klaren Worten: Ich kaufe, bzw. finanziere die Katze im Sack.
Möchte ich das?
Unter normalen Umständen würde sich jeder von uns an die Stirn tippen und fragen, ob man ihn für blöde hält, wenn er gebeten würde für etwas zu zahlen, was er noch nicht gesehen hat, was er nicht riechen, nicht anfassen kann, dessen Erfolg alles mögliche aber nicht sicher ist. Nur bei crowd funding und Patreon ist es bei den meisten irgendwie anders. Bei den meisten setzt da irgendetwas aus.
Kein Wunder, da hier etwas mitspielt, was es seit Jahrhunderten in der Kunst gibt:
Der Glanz des Mäzentums.
Was könnte schmückender sein, als sagen zu können: „Den erfolgreichen Maler da, der jetzt in der Galerie für Tausende von Euro verkauft wird? Den habe ich finanziert, als er noch ein kleiner Kleckser war, und daher habe ich selbst jetzt einen Hier- bitte- wohlklingenden- oder- möglichst- exzentrischen- Künstlernamen einfügen im Wohnzimmer zu hängen.“
Das riecht nach Reichtum, nach Glanz und Gloria und ist ein Garant für die Bewunderung der Mitmenschen, die sich in Folge denken, was für ein toller Typ man doch ist und was für ein Näschen für Trends und Kunst man doch hat. Bewunderung ist etwas, nach dem die Menschen lechzen und das wiederum lässt manchmal das Hirn aussetzen. Dass Gefühl, nein das sichere Wissen, das Projekt, also das Buch vor allen anderen in den Händen halten zu können, verschafft ihnen ein so gutes Gefühl, dass die Tatsache, dass sie das Buch hätten günstiger haben können, hätten sie wie der Rest der Leser gehandelt, verdrängt wird.
Im Marketing nennt man das Customer Experience. Ich hingegen nenne es den IPhone Faktor.
Aber egal, wie man es nennt, ob Customer Experience oder IPhone Faktor, so oder so ist es keine Garantie dafür, dass das Produkt wirklich gut ist. Es besagt lediglich, dass es schick ist und ich ein tolles Gefühl dabei habe. Würde man Produkte, die via crowd funding finanziert werden mit purer Vernunft betrachten, so würde man sagen, sie sind ein “shot in the dark”. Ein Schuss, der im Dunkeln abgefeuert wurde. Er kann treffen, muss aber nicht. Übertragen auf die Finanzierung eines Buchprojekts hieße das: Das Buch kann am Ende spannend und richtig gut sein, muss es aber nicht.
Wozu sollte ich das machen?
Für das Vergnügen, monatliche Updates zu erhalten, wie viele Seiten wieder überarbeitet sind? Was herausgefallen ist? Was neu hinzugekommen ist?
Aus Sicht des Künstlers machen crowd funding und Patreon teilweise Sinn. Immerhin erhoffen Künstler sich mehr Freiheit durch ein zusätzliches Einkommen. Dass die Rechnung nur bedingt aufgeht und man am Ende eine zusätzliche Verpflichtung eingeht, bedenken die wenigsten. Gleiches gilt für ihre Förderer, die das Risiko eingehen später enttäuscht zu werden, wenn sich das Projekt als doch nicht so toll herausstellt, wie sie gedacht hatten, weil die Katze eben keine süße Katze, sondern eher eine Kröte ist.
Sorry, pun not intended.
Daher stehe ich Patreon und crowd funding eher skeptisch gegenüber und springe auf den Zug nicht auf. Weder als „Kunde“, „Mitglied“ oder „Freund und Mäzen“, noch als Künstlerin.