Die Heldenreise

Wie bereits im vorausgegangenen Artikel gesagt, handelt es sich auch bei der Heldenreise um ein Konstrukt, dass Autoren gern als Schema zum Schreiben von Geschichten nutzen und damit hätte es theoretisch mit in den vorangegangenen Artikel gemusst. Oder gekonnt. Doch dann hätte es zum einen den Rahmen gesprengt und deswegen findet sich die Heldenreise in einem eigenen Artikel wieder und der andere Grund, warum die Heldenreise einen eigenen Artikel bekommt ist, weil sie eigentlich keine Schreibmethode ist. Sie wird nur von Autoren dazu benutzt.

Eigentlich ist die Heldenreise lediglich ein oft benutztes Muster, dass es seid der Antike gibt. Aber es war nie dazu gedacht, dass man es als Form für neue Geschichten benutzen soll.

Eine der ältesten und bekanntesten Geschichten, die als Heldenreise angelegt sind, ist sicherlich die Odyssee von Homer, welche die Heimreise Odysseus von der Küste Trojas schildert. Überhaupt sind die meisten Mythen im Format der Heldenreise gehalten. Es ist also eine uralte Erzählform, die seit Generationen weitergegeben wird.

Doch um was genau geht es in der Heldenreise und wie sieht sie aus?

Das Thema der Heldenreise ist Emanzipation.

Der Held oder die Heldin muss sich einer Prüfung stellen und durch das Überleben der Prüfung erhält er neue Erkenntnisse über sich und die Welt und wächst, wird also erwachsen. Im Grunde genommen ist es der Weg, den jeder Teenager geht, weswegen es sich gerade im Bereich der Jugendliteratur einer großen Beliebtheit erfreut, schließlich liest jeder gern über sich selbst und seine Probleme.

Das Muster:

Das Muster gleicht sich im Groben bei allen Geschichten, wobei es in Details zu Abweichungen kommen kann.

In der Ausgangsszene wird die Figur (der Held / die Heldin) vor eine Aufgabe gestellt, die niemand außer ihr lösen kann, weil eben nur die Hauptfigur über die dafür notwendigen Kräfte verfügt, weil sie nicht normal ist, wie die anderen Figuren, die sie umgeben.

Beliebt sind Monster, die drohen die Welt des Helden oder der Heldin inklusive alle derer die sie lieben zu vernichten. Oder aber es muss etwas gesucht werden, dass das Weiterbestehen der Welt garantiert, dass einen lieb gewonnenen anderen Charakter heilt, weil er vom Tod bedroht ist, kurzum, die Figur muss sich auf die Suche begeben.

Manchmal mag es auch eine Kombination von beidem sein, also ein Held, der auf der Suche nach einem Impfstoff gegen die Zombieapokalypse ist, die seine Lieben bedroht.

Hier ist die erste Variation möglich:

Wenn der Held mit der ihn erwartenden Aufgabe konfrontiert wird, kann er diese Aufgabe annehmen, weil er an diesem Freitag eh nichts anderes zu tun hat oder er lehnt die Aufgabe ab, weil mal ehrlich, wer möchte schon freiwillig durch Matsch und Blut robben? Lieber mache ich die Mittsommernacht bei Ikea mit.

Lehnt der Held ab, so muss er von der Dringlichkeit der Aufgabe überzeugt werden. Beliebt ist hier ihn daran zu erinnern, dass nicht nur Fremde von dem Unglück bedroht sind, sondern auch die eigene Familie, die Freundin und Freunde.

Ist er oder sie erst mal auf dem Weg, läuft die Geschichte immer in den gleichen Bahnen mit den immer gleichen Stationen, die da sind:

Der Botschafter:

Der Figur wird mit seiner Aufgabe konfrontiert. In der Regel gibt es einen „Botschafter“, der ihm die freudige Mitteilung, dass er oder sie anders ist, überbringen darf und ihm sagt, was genau seine Aufgabe ist.

Die Probleme:

Wie gesagt, manchmal weigert sich der Held oder die Heldin, aber wenn die Figur den Kampf gegen die Probleme aufnimmt, drohen sie sie erst mal zu überwältigen. Ein Impfstoff gegen ein geheimnisvolles Virus soll gefunden werden? Die Figur ist aber kein Chemiker. Wie soll das also gehen? Der Leser erlebt den Kampf und die Verzweiflung der Figur und hofft auf Hilfe von außen.

Der Mentor / Der Freund:

Und das ist der Moment, wo aus dem Nebel ein alter Mönch auftaucht, der die Geheimnisse der Biologie und Chemie und Physik kennt und dem Helden oder der Heldin eine Kurzausbildung geben kann, so das nachher nur noch die entsprechenden Zutaten gefunden werden müssen.

Wenn es kein Mentor ist, der aus den Nebeln daherkommt, um der Figur zu helfen, dann ist es ein Freund, der ihm zur Seite stehen kann.

Manchmal ist es auch eine Mischung aus beiden. Also ein Mentor, der dem Helden oder der Heldin dann Freunde zur Seite stellen wird, die mit ihm die Reise unternehmen und unterstützen, wenn ihm die Probleme über den Kopf zu wachsen drohen.

Final:

Nachdem es so aussah, als ob der Held die Probleme unter Kontrolle bekommen und die Welt retten könnte, kommt es zu einem Rückschlag. Das Böse gewinnt wieder die Oberhand, der Held findet sich an die Wand gedrückt, und als es aussieht, als sei er dabei unterzugehen, kommt es zur finalen Schlacht. Und der Leser bangt um die Figuren, glaubt sie schon verloren.

Doch natürlich zeigt sich der Held der Situation in letzter Minute gewachsen und besiegt seinen Feind reitet in den Sonnenuntergang, eine verzückte, noch etwas benebelte Prinzessin im Sattel vor ihm und das war´s.

Das Buch ist aus, die Geschichte ist vorbei.

Den Rest der Story, dass auch Helden ungeduscht alles andere als nach Veilchen duften, dass auch sie dreckige Socken haben, überall ihre Waffen rumliegen lassen und zu mieser Laune neigen, wenn sie gerade niemanden haben, dem sie auf den Kopf hauen können und dass Prinzessinnenhaut sehr empfindlich ist, die Schönheitselixiere benötigt, welche den Helden bald in den Ruin treiben und sie nicht gerade für ihre Kochkünste berühmt sind … Das sieht der Leser nicht.

Was schade ist, denn wir alle wissen, dass es mit dem Erschlagen des einen Monsters nicht getan ist. Nach der einen Schlacht warten noch tausend andere und jeden Tag muss man wieder anfangen. So ist das wahre Leben. Doch das Leben der Figuren in den Heldengeschichten folgt nicht diesem Pfad, sondern es endet mit dem Happy End.

Eine Heldenreise umfasst eben nur die Berufung, manchmal die Weigerung des Helden und das Überzeugen des Helden, einen Boten oder Mentoren, der Eintritt in den Abenteuer, das fast überwältigt werden von den Problemen, das Treffen des Feindes und der Showdown, der fast mit dem Tod des Helden endet und abschließend sein Sieg und die Heimreise.

Natürlich kann man nach diesem Schema prima Geschichten schreiben. Was in der Antike die Leute in den Bann geschlagen hat, haut heute immer noch hin. Aber, wie gesagt, eigentlich war das Muster nicht als Schreibmethode gedacht worden, sondern wird nur von findigen Autoren zum Schreiben benutzt.

So. Ich beschäftige mich jetzt weiter mit der Idee, was passiert, wenn der Held ungewaschen mit der Prinzessin nach Hause kommt und feststellt, dass die Gute so gar keine häuslichen Qualitäten hat und der Frage, wie lange Drachen einem böse sein können und ob sie Prinzessinnen eigentlich wieder zurücknehmen.

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