3,2,1, Buch?

3,2,1, Buch! Oder wie ist das mit dem Schreiben von Büchern?Wenn man sich als Autor in der Gesellschaft outet, wird man oft mit zwei Arten von Reaktionen konfrontiert:Entweder der Rest der Welt bleibt stumm stehen, mit ungläubigem Blick, um dann nach dem ersten erstaunten Schweigen zu fragen: “Kann man davon eigentlich leben?"Oder man bekommt gleich zu hören: "Ach? Echt? Ja, ich wollte auch schon immer ein Buch schreiben, aber bisher habe ich keine Zeit dafür gehabt, ich muss ja arbeiten.” Gerade der letzte Kommentar erwecckt schnell den Eindruck, dass Bücher schreiben eine der leichtesten Übungen ist, die jeder mal so eben aus dem Handgelenk schütteln kann. Doch stimmt der Eindruck, dass das Schreiben so einfach ist? Kann man wirklich sagen 3,2,1 Buch? Ganz so einfach ist die Frage nicht zu beantworten.Wie schwer oder leicht das Schreiben von der Hand gehen kann, liegt oft an dem Menschen, der hinter dem Schreibprojekt steht. Es hängt von den persönlichen Umständen ab, ob man neben dem Schreiben noch  einen sogenannten “Brotjob” hat, also einen Beruf, dem man nachgeht, um die Miete zahlen zu können, wie viel Zeit einem dieser “Brotjob” zum Schreiben lässt, ob es noch andere Umstände (Familie, Haustiere, Haushalt, noch ein anderer Job) gibt, die Ansprüche auf das kostbare Gut Zeit erheben können und nicht zuletzt auch, wie viel Selbstdisziplin man mitbringt, um die sich selbst gestellte Aufgabe bewältigen zu können.Trotz all dieser unterschiedlichen Umstände gibt es Phasen, die jedes Buch von der Idee bis zur Fertigstellung durchläuft, die in jedem Schreibprojekt gleich sind.

1. Die Idee

Herzlichen Glückwunsch! Bravo, da ist sie, die Grundlage, der Funken, der die Fantasie entzündet und auf die Reise schickt. Diese Idee kann sein, dass man eine Ausgangssituation hat, bei der man sich die Frage stellt, wie eine Entwicklung weiterverlaufen wird, weiterverlaufen könnte oder alternativ hätte ausgehen können. Es kann aber auch so sein, dass man einfach nur eine Figur im Kopf hat, die einen nicht mehr loslässt und der man mit einer Geschichte eine Stimme geben möchte.Was auch immer es ist, dass die Fantasie zum Zünden bringt, es ist der erste Schritt auf dem Weg zum eigenen Buch. Die erste von vielen Stationen.

2. Recherche

Bevor man loslegen kann: Recherche. Die Idee einen Roman über deutsche U Boot Besatzungen im besetzten Frankreich zu schreiben mag ja aufregend klingen, aber hätte ein U Boot überhaupt auf der niedlichen kleinen Insel Platz auf der sie so gern Urlaub machen? Wenn man keine Recherche betreibt, kann man das nicht wissen. Deswegen, bevor man sich endgültig festlegt, erst mal ab ins Netz, oder noch besser in die örtliche Bibliothek und Informationen beschaffen.Schlauberger werden jetzt sagen, sie umgehen diese Hürde einfach, in dem sie ihre Geschichte in einem von ihnen erfundenen Universum spielen lassen. Fiktion ist aber auch nur dann vom Feinsten, wenn sie überzeugend ist. Eine komplett neue Welt zu erschaffen mag verlockend und anfangs leicht klingen, alle Türen stehen einem offen, man kann alles so gestalten, wie es einem passt, Gesetze der Physik kann man getrost ignorieren… Sicher. Aber auch bei der Erschaffung einer eigenen Welt müssen sie den Leser überzeugen und nichts ist abtörnender als wenn ein Autor einfach quer Beet macht was er oder sie will. Also, auch in der selbst gebastelten Welt muss man Spielregeln festlegen, an die man sich halten muss. Recherche im eigentlichen Sinne mag hier wegfallen, ich würde es eher Vorbereitung nennen. Es sei denn man möchte wissen, wie andere Fiktionsautoren das eine oder andere prominente Problem (Zeitreisen, Raumfahrt, beamen, magische Kreaturen, Magie allgemein) gelöst haben, dann muss man Bücher wälzen, um sich dort eine Scheibe abzuschneiden oder Inspiration zu holen.

3. Plan oder Planlos

Es ist ein heftig diskutiertes Thema in der literarischen Gemeinde: Plan oder planlos. Schreibt man lieber einfach aus dem Bauch heraus oder überlegt man sich alles, fast bis ins letzte Detail und hält alles in einem Verlaufsplan fest? Jede Methode hat ihre Verfechter und keine von ihnen ist besser als die andere. Ich für meinen Teil bin ein Mix aus beiden Vorgehensweisen. Die initiale Zündung und die ersten Kapitel kommen meißt so aus dem Bauch heraus. Da ich aber neben dem Schreiben noch das Geld für die Miete verdienen muss, habe ich oft nicht die Zeit sie gleich in einem Rutsch runterzuschreiben. Deswegen habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht alles in Stichpunkten festzuhalten, was mir einfällt. Auf diese Art kann ich später beim Schreiben auf meine ursprünglichen Ideen zurückgreifen, sie ergänzen, ausweiten, ohne noch mal darauf zu warten, dass die Muse vorbeikommt um mich zu küssen.Ach apropros Muse: Die ist auch eine eher zickige Zeitgenossin. Oft schlägt, Verzeihung, küsst sie einen genau dann, wenn man was ganz anderes im Kopf hat als Schreiben und wenn man endlich vor dem weißen Blatt sitzt, lässt sie  einen am langen Arm verhungern. Deswegen, wenn sie gerade mal auf  einen Schwatz vorbeischaut, höre ich zu, mache Stichpunkte. Auf die Art und Weise entgeht mir nichts und ich habe Vorräte für schlechte Zeiten. Also, wie auch immer man vorgeht, am Ende sollte man seine Geschichte aus dem Kopf und auf das Blatt bekommen  haben. Ein Vorgang, der mit der Recherche und je nach Länge der Geschichte und Disziplin des Autors  gut und gern mal ein Jahr oder länger in Anspruch nehmen kann.Wer jetzt denkt, dass er nun ein fertiges Buch hat, der ist schief gewickelt. Das was man dort vor sich zu liegen hat ist gerade mal der Erstentwurf, eine Rohfassung, die bei Weitem noch nicht für den Markt taugt. 

4. Lesen, streichen, umschreiben, löschen…. nochmal anfangen

Jetzt gibt es also eine Rohfassung. Habe ich jetzt ein Buch?Die meißten Menschen würden “Ja!” sagen und meinen, dass man das verkaufen kann. Aber weit gefehlt.Sicher das erste “runterschreiben” war bereits an manchen Stellen nicht leicht. Oft genug stand man, genau wie die Figuren, im Wald, oft hat man nicht gewusst, was kommen würde, aber jetzt wo klar ist, wie die Sache ausgeht, geht es darum sie aufzurüschen.Jetzt wird das eigene Werk kritisch  unter die Lupe genommen. Jeder Satz, jede Szene wird geprüft. Ganze Absätze werden unter Umständen gestrichen oder umgeschrieben. Figuren verschwinden, weil ihre Szenen obsolet werden.Es hat was von einem Hausbau, in dem sich nun die Mieter einrichten und anfangen die kahlen Wände zu streichen, Tapeten ankleben und die Möbel rücken. Wie viele Durchgänge man bei diesem Stadium braucht, ist unterschiedlich und hängt vom jeweiligen Autor selbst ab. Es gibt Autoren, die können in einem Durchgang sowohl die Grammatik und Orthographie, als auch den Stil einer Szene überarbeiten.Ich für meinen Teil kann das nicht, weswegen ich mindestens zwei Durchgänge brauche.Das Erste was ich tue ist, meine Rohfassung durchzulesen und anzukreiden, welche Sachen mir nicht gefallen, was ich meiner Meinung nach umschreiben möchte. Oft notiere ich mir erste Einfälle auch gleich am Rand oder aber auf einem Extrablatt, dass ich im Anschluss hinter die bearbeitete Seite klemme. Wenn ich diese Änderungen eingearbeitet habe, beginnt der zweite Durchgang, bei dem ich die Geschichte auf “Plotholes”, also auf fehlerhafte Stellen und Logikfehler kontrolliere. Danach folgt ein Check der Rechtschreibung und vor allem der Kommatasetzung.Bis zu diesem Punkt ist meine Geschichte bereits durch drei Überarbeitungen gegangen, etwas, dass bis zu einem halben Jahr dauern kann. Will heißen bis zu diesem Punkt sitze ich bereits anderthalb Jahre an diesem einen Projekt. Und bisher ist es nur durch meine Hände gegangen.

5. Betaleser

Auch bekannt als: Gib dein Baby zum Abschuss frei!Klingt herzlos? Ist aber genauso. Dies ist die Phase, die ich am meißten hasse, denn hier geht es darum, sein Baby hinaus in die Welt zu schicken und es den kritischen Blicken anderer auszusetzen.Betaleser sind die stärksten Verbündeten eines Autoren, auch wenn ein Autor sie hasst und es oft genug den Eindruck macht, als wollten sie einem das eigene Werk nur madig machen und nicht einem hilfreich zur Seite zu stehen.Wenn man sein Buch an Betaleser herausgibt, ist es das erste Mal, dass fremde Augen die Geschichte zu sehen bekommen und es ist das erste Mal, dass ein Autor sein Werk wirklich auf Herz und Nieren prüfen lassen kann, denn Fremde gehen mit einer anderen Erwartungshaltung an die Geschichte als man selbst.Das liegt zum einen an unterschiedlichen Geschmäckern, die die Leser mitbringen, an ihrer unterschiedlichen Herkunft, ihrer Bildung, aber auch daran, dass ein Autor über mehr Informationen verfügt als die Leser. Als Autor weiß man mehr Dinge über seine Figuren als im Buch stehen, manche Handlungen erscheinen dem Erschaffer deshalb logisch, während einem unbedarften Leser die Fragezeichen förmlich ins Gesicht geschrieben stehen. Das kann schon mal für unliebsame Kritik sorgen und einen Autor in die Krise treiben, denn oft genug verstehen wir die Kritik an dem gehätschelten Kind nicht. Für die Mutter ist das eigene Kind eben immer das Schönste, Grösste und Beste und gerade weil das so ist, sind fremde Augen von unmittelbarer Wichtigkeit, denn nur diese können die Fehler entdecken, die für den Autor ein blinder Fleck sind.

6. Cover

Nachdem man den Text erstellt hat, kommt das Cover an die Reihe. Kein Buch verkauft sich ohne ansprechenden Titel, was kein Wunder ist, weil das Titelbild das Erste ist, das der zukünftige Leser vom Buch zu sehen bekommen wird. Hier sollte man sich Gedanken machen, was genau man auf seinem Cover verewigen möchte und was unbedingt darauf zu sehen sein sollte und was nicht. Genauere Auskunft dazu, was bei dem Entwurf eines Titelbildes zu beachten ist, gibt es in den Posts über Covergestaltung.

7. Probedruck

Die Überarbeitungen sind gemacht, die Betaleser haben ihre Kritik zu dem Werk  und dem Cover abgegeben, jetzt, spätestens jetzt kann man doch durchstarten und sein Buch auf den Markt bringen. Schließlich wartet die Welt doch nur auf das eigene Werk. Sicher, es steht einem frei jetzt bereits damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich für meinen Teil aber lege noch einen Zwischenschritt ein: den Probedruck.Dafür lasse ich mein Buch entweder in einem Copyshop oder bei einem Internetverleger drucken, um es zum ersten Mal in Buchform in den eigenen Händen zu halten. Warum?Zum einen, weil es ein cooles Gefühl ist das eigene Buch in den Händen zu halten. All die harte Arbeit, die Stunden in denen man vor dem Rechner gesessen und wie wahnsinnig getippt hat, all die Tage in den man sich die Haare gerauft hat, auf der Suche nach der richtigen Formulierung für die eine oder andere Szene, das alles hat man nun vor sich, in kleinem handlichen Format. Wenn es was gibt, was einen Motivationsschub verpasst, dann das! Gleichzeitig ist es aber auch Mittel um das eigene Buch mit anderen Augen zu sehen, denn genau das passiert, wenn man es in gedruckter Form vor sich hat. Es ist, als hätte man den eigenen Text noch nie zuvor gesehen, trotz all der Arbeit, die man bereits hineingesteck hat. Der ideale Zeitpunkt, um noch mal alles einer letzten Prüfung zu unterziehen. Vom Cover bis zum Klappentext, von der Schriftgröße bis hin zu den Abständen zwischen den Zeilen. Wobei hier anzumerken ist, dass man genau das vorher noch nicht überprüfen konnte, da man es noch nie so vor sich gesehen hat. Also, die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und noch mal durchgehen.Erst danach gebe ich mein Buch zum endgültigen Abschuss frei. 

Zwischen der zündenden Idee und dem Ding was ich in meiner Hand halte können bis dahin fast zwei Jahre vergehen.Zwei Jahre und ungezählte Stunden an Arbeit (nicht zu vernachlässigen Geld), die in diese Idee geflossen sind, ohne dass sich auch nur ein Exemplar bisher davon verkauft hätte.Zwei Jahre in denen nur eine Handvoll Menschen dieses Projekt zu Gesicht bekommen und es kritisiert haben, zwei Jahre, in denen man sich bestimmt mehr als einmal gefragt hat, warum genau man diesen Blödsinn durchzieht, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass es einem vielleicht nie etwas bringen wird, weil das Buch sich nicht verkauft.Zwei Jahre sind eine lange Zeit, also ist die Eingangsfrage, ob das Schreiben von Büchern eine so einfache Sache ist, dass jedes Kind es machen kann, wohl berechtigt.Sollte dieser Kommentar ihnen mal an den Kopf geworfen werden, von einem dieser vielen gutmeinenden Zeitgenossen, dann denken sie genau an diese zwei Jahre und die Menge an Selbstdisziplin, die es braucht, um sie trotz all des Wahnsinns und der Rückschläge, die auf dem Weg liegen, durchzuhalten und beantworten sie den Kommentar mit einem klaren “Nö.”

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