Statt auf Ohren, was auf die Augen - was ich lese und warum lesen für Autoren wichtig ist

Lesen ist das A und O für Autoren und nebenbei noch einer der angenehmsten Wege, sich wichtige Fähigkeiten für das Autorenleben anzueignen, denn, wenn wir lesen, besonders wenn man dazu kommt viel und unterschiedliches Zeug zu lesen, können wir einiges lernen, was Sachen wie Figurenentwicklung und Aufbau, Spannungskurve und Wortwahl sowie angeblich auch Satzbau und Melodie, Grammatik und Kommasetzung angeht. Wobei ich das Letztere nicht bestätigen kann, was aber daran liegen mag, dass ich Satzzeichen gern überlese, wenn es spannend wird. Aber alles andere, gerade was ein Gefühl für gute Sätze angeht, ja, das kann nicht nur ich bestätigen, sondern auch Thomas Mann würde mir jederzeit angesichts meiner Neigung zu Schachtelsätzen zustimmen. Auch wenn ich dem Meister des Bandwurmsatzes noch nicht mal ansatzweise die Schreibmaschine reichen könnte, logo. Aber das will ich auch gar nicht. Vielmehr möchte ich auf einen Teil meines ersten Satzes zurückkommen. Die Sache mit dem unterschiedlichen Zeug. Denn es ist nicht nur wichtig, das wir lesen, sondern auch was wir lesen. Die Devise von jedem etwas gilt nämlich nicht nur in Sachen Essen, sondern auch in Sachen Lesen, besonders dann, wenn man den größtmöglichen Profit daraus ziehen möchte.

Denn nur wer viel und verschiedenes liest, auch gern aus anderen Kulturkreisen, der bekommt mit, was Genres sind und wie Geschichten aufgebaut werden.

Derjenige sieht, wie Spannungskurven aussehen können, wie sich Figuren entwickeln können / sollten.

Man profitiert davon unterschiedliche Satzbauten kennenzulernen und so zu merken, was eine Stimme ist, von der im Literaturbetrieb gern die Rede ist.

Und man lernt, was in jedem Genre wichtig ist, was unbedingt in einem Werk enthalten sein sollte.

Wenn man nicht nur die aktuelle Literatur liest, sondern auch gern in den unterschiedlichen Jahrhunderten stöbert, lernt man was früher wichtig war. Bestes Beispiel: show don´t tell. Die Regel, die uns heute als absolut selbstverständlich gilt, früher war sie nicht weiter wichtig. Bei Autor*innen wie Dickens, Elliot oder Austen finden sich haufenweise direkte Beschreibungen des inneren Zustandes der Figuren. Gleiches gilt für das Werkzeug der Spannungskurve, die vorschreibt, dass man darauf achten soll, dass es keine „leeren“ Kapitel gibt, also Kapitel, die nichts zum Vorantreiben der Geschichte beitragen. Ein Autor wie Tolkien, der sich über Seiten in Landschaftsbeschreibungen ergeht, würde damit bei keinem Lektor damit durchkommen, damals aber war das okay.

Auch kann man sich mit der Frage nach Charakterentwicklung plötzlich differenzierter auseinandersetzen, wenn man etwas über den Tellerrand der aktuellen Literatur blickt. Unseren Voraltvorderen war der Punkt nämlich nicht mal ansatzweise so wichtig, wie es heute der Fall ist. Moral war dagegen schon ein viel brisanterer Punkt. Man frage sich nur mal, warum Figuren wie Madame Bovarie oder Emma Hamilton geschrieben wurden. Von Charakterentwicklung und Erkenntnis kann da kaum die Rede sein.

Viel lesen hilft auch bei der Einordnung der eigenen Ideen, besonders dann, wenn man noch keine Ahnung hat, zu welchem Genre man nun gehört. Für die Vermarktung eines Werks ist das durchaus wichtig zu wissen, denn ohne die richtige Einordnung nicht die richtige Zielgruppe und ohne richtige Zielgruppe nur Enttäuschung und schleppende Verkäufe und unweigerlich die Frage, ob das, was man da verzapft, überhaupt was taugt.

Auch hilft das Lesen bei der Recherche, wenn man sich fragt, was der Markt lesen will. Wenn man den neuesten Trend nicht kennt, wird man weniger verkaufen. Ist doch klar. Andererseits kann man das Wissen darum, was der Markt gern haben möchte auch dafür benutzen es bewusst zu ignorieren, wenn man nicht in die gleichen Fußstapfen treten möchte in die anscheinend alle treten. Wenn es schon hunderte Vampirromane gibt, warum muss ich dann noch einen weiteren schreiben?

Gleichzeitig ist Lesen eine Quelle der Inspiration.

Man begibt sich in Welten, die nicht da sind und das wiederum entspannt und bringt die eigene Kreativität auf Touren. Zudem kann man gern bei seinen eigenen Lieblingsautoren nachschauen, wie sie der einen oder anderen Sackgasse entkommen sind, wie sie Probleme lösen, Szenen beschreiben und das dann bei sich selbst umsetzen. Wenn man selbst nicht mehr weiterkommt, dann weiß vielleicht jemand anders etwas. Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden.

Ganz oft liest man auch, dass man, wenn man noch überhaupt kein Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten oder gerade eine ziemlich fiese Blockade hat, man damit anfangen soll, seine Lieblingsgeschichten zu kopieren oder auch umzuschreiben. Auf die Art soll man lernen, wie man Geschichten strickt bzw. die Kreativität wieder anwerfen, in dem man sich für eine bereits bestehende Geschichte ein anderes Ende ausdenkt. Oder man übernimmt die Figuren eines geliebten Buches und lässt sie neue Abenteuer erleben. Auf die Art nimmt man den Druck heraus und beginnt überhaupt mit dem Schreiben, was man dann später weiterführen kann.

Lesen hilft Autor*innen also auf ganz unterschiedliche, vielfältige Art und Weise sich selbst zu finden und zu verbessern, doch die Frage ist jetzt, was lese ich eigentlich?

Wer meinen Beitrag zu Podcasts gelesen hat, weiß, dass ich gern in der Geschichte unterwegs bin und weniger oft den neuesten Trends folge. Ich muss zugeben, das setzt sich auch beim Lesen fort.

Eine meiner Lieblingsautorinnen ist Jane Austen, die ich nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch gelesen habe. Was mir, nebenbei bemerkt, den Studienplatz in Heidelberg gesichert hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

Weiterhin ebenso gern lese ich Sir Arthur Conan Doyle, auch wenn dieser leider keine neuen Werke mehr herausbringt. Allerdings habe ich für dieses Problem eine Lösung gefunden, denn vor Kurzem bin ich über die Autorin Bonnie Macbird gestolpert und ja, das erste Buch liest sich sehr spannend und auch authentisch. Auch wenn die Autorin gar nicht Britin, sondern Amerikanerin ist.

In meiner Teeniezeit stand Alexandre Dumas hoch in meiner Gunst und wurde später von Stanislaw Lem abgelöst. Wer ihn nicht kennt, sollte sich auf jeden Fall den „Futurologischen Kongress“ zu Gemüte führen, aber Vorsicht: so lustig wie das Buch beginnt, so lustig endet es nicht. Der Mann hat die Sache mit dem umschlagen lassen der Stimmung richtig drauf. Gleiches gilt auch für seinen „Unbesiegbaren“, wobei hier die Stimmung nicht wirklich umschlägt, sondern den Leser von Beginn an fesselt. Wer es etwas versöhnlicher in Sachen Technik der Zukunft und Menschheit möchte, dem würde ich Asimov empfehlen, der ja geradezu ein Urgestein des Science Fiction ist. Wobei ich zugeben muss, dass mein liebstes Buch von ihm eine Kollaboration zwischen Asimov und Roger MacBride Allen ist. „Caliban“, heißt es und ich würde mir so wünschen, dass das Buch noch einmal neu verlegt wird. Derzeit sind nur Archivexemplare davon zu bekommen und meins hüte ich wie einen Schatz.

Ansonsten darf natürlich auch Sir Terry Pratchett nicht auf der Liste fehlen. Was wäre ich ohne seinen Witz in meiner Teeniezeit gewesen? Wobei man hier sagen muss, wer Pratchett „nur“ lustig findet, der hat die Bücher nicht ganz verstanden, denn wofür ich ihn besonders liebe ist, dass er eine Lektion ganz ohne Baseballschläger erteilt, mit dem gerade die angeblich ach so wertvollen Bücher nicht oder nur sehr selten auskommen.

Weitere Urgesteine wie Tolkin Gaiman oder Le Guin tauchten erst relativ spät in meiner Liste auf und auch nicht ,weil ich sie für mich selbst gelesen hätte, sondern weil ich sie vorlas. Vorher war ich nicht damit in Kontakt gekommen.

Ein weiterer Autor, den ich sehr mag ist David Melling. Ja, ein Kinderbuchautor. Und ich liebe ihn für seinen Wortwitz. Wer den ganz unverfälscht haben möchte, sollte die Bücher auf Englisch lesen. Die deutschen Übersetzungen könnt ihr euch in die Haare schmieren. Paulchen der Bär? Wollt ihr mich veräppeln? Pff….

Ebenfalls beliebt ist hier Jasper Forde mit seiner Thursday Reihe. Die Idee, dass man durch die Literatur reisen und dabei auch wichtigen Figuren begegnen kann? Ebenso genial wie witzig. Oh, nicht zu vergessen, dass ich jetzt unbedingt einen Dodo brauche. Kann die mal wer zurückholen?

Eine meiner letzten Erwerbungen war Anarchie Deco von J.C. Vogt. Dieses Werk ist eine Art Crossover von Fantasy, Krimi und historischem Roman, schließlich spielt die Geschichte dazu in den 1920ziger Jahren in Berlin und alles dreht sich um Magie, wie man sie erzeugen kann und einen Täter, der sie für nicht ganz so gesundheitsfördernde Dinge nutzt. Dazu kommen natürlich noch historisch korrektes Rauchen und Trinken sowie teilweise sehr bleihaltige Luft und Wohnverhältnisse, die niemand wiederhaben möchte, die aber ein beängstigend authentisches Bild von Berlin in dieser Zeit abgeben.

Und das ist nur ein kurzer Überblick dessen, was sich in meiner Bibliothek tummelt. Wobei ein Teil meiner Bücher leider auf dem Rückweg von Kanada irgendwo verloren gegangen ist. Unter anderem auch die Bände der „Drei lustigen Gesellen“ von Eno Raud. Sicher, die Bücher sind nicht so sonderlich literarisch wertvoll aber die bunten Bände über die drei lustigen Wichtelmännchen Halbschuh, Moosbart und Muff sind für mich eine wichtige Kindheitserinnerung. Sie standen bei meinen Eltern im Bücherregal und ohne die Erlaubnis und Überwachung meiner Mutter durfte ich sie mir nie ansehen. Was hieß, ich bekam den Inhalt der Bücher vielleicht einmal pro Jahr zu Gesicht. Warum, habe ich nie verstanden, denn die Bücher enthalten keinerlei gefährlichen Kontext, nicht mal für eine Kindheit in der DDR und die Bilder in ihnen besagten für mich als Kind doch ganz eindeutig, dass es Bücher für jemanden wie ich waren. Bücher für Erwachsene enthielten schließlich meines Wissens nach nur sehr selten Bilder und wenn, dann keine so schönen und bunten, wie diese. Also, ganz klar, Bücher für Kinder. Leider sahen meine Eltern das wie gesagt ganz anders, so dass mir als Kind nichts anders übrig blieb als die meisten Zeit davon zu träumen mit dem roten Wohnmobil der drei Gesellen auf große Fahrt zu gehen.

Und? Was lest ihr so? Haut mal raus, was ihr für Empfehlungen habt. Ich bin immer auf der Suche nach neuem Lesestoff.

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