Rezension “Praterveilchen” von Christopher Isherwood
Das Buch „Praterveilchen“ von Christopher Isherwood ist das erste Buch, dass ich jemals von diesem Autor gelesen habe. Bekommen habe ich es an Weihnachten und direkt am Weihnachtsabend und dann am Abend darauf durchgelesen.
Da es ein recht schmales Bändchen mit nur 127 Seiten ist, geht das schnell. Für jemanden der nicht viel Zeit zum Lesen hat, wäre dieses Buch also zu empfehlen. Zum anderen ist das Buch für Leute mit wenig Zeit zum Lesen zu empfehlen, weil es ein Werk ist, dass sich einfach runter lesen lässt, auch wenn der Stoff, um den es geht angeblich schwer ist. Denn „Praterveilchen“ fängt die Stimmung der Kunstszene, genauer gesagt der Filmszene, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein. Während es in Berlin und Wien zu Aufständen kommt, ist die Stimmung in England ruhig, ja, was genau in Europa wird gerade zu ignoriert, heruntergespielt.
Während Europa immer mehr auf die Gefahr eines drohenden Krieges zusteuert, ist es die Aufgabe eines österreichischen Regisseurs namens Bergmann, zusammen mit dem aufstrebenden Schriftsteller Christopher Isherwood eine Liebeskomödie mit dem Titel „Praterveilchen“ erst zu schreiben und dann zu verfilmen.
„Praterveilchen“ ist eines jener typischen Werke, in schwarzweiß mit ganz vielen Großaufnahmen von den Augen der Hauptdarstellerin, die vermutlich veilchenblau wären, wenn die Aufnahmen in Farbe wären, schwülstigem Gesang und schluchzenden Geigen. Ziel des Streifens ist es das Publikum einzulullen, aufzuheitern und vor allem abzulenken, doch während der Dreharbeiten kommt es bei Bergmann zur Krise. Aufgrund der Entwicklung in Wien fürchtet er um seine dort zurückgelassene Familie. Am Set aber kann niemand so richtig Verständnis für Bergmanns angespannte Nerven aufbringen. Alles was man von ihm verlangt ist Leistung, während Bergmann sich fragt, für was für einen blöden Film er seine Kräfte vergeudet, warum er seine Zeit mit schwülstigen Liebesfilmen verschwendet, wo er lieber Filme drehen sollte, die die Menschheit aufwecken und bewegen.
Seine Krise geht schließlich so weit, dass er das Projekt zu verlieren droht, doch als man ihm klar macht, dass man den Film an seinen ärgsten Konkurrenten abgeben will, kommt er zur Besinnung.
So wird „Praterveilchen“ fertigstellt und ein riesiger Hit. Bergmann bekommt danach mehrere Angebote aus Hollywood, wo er in Folge mit der Familie hin übersiedelt, wie es am Ende des Buches lapidar heißt.
Wo jetzt genau in dem Werk die Moral ist, weiß ich nicht.
Sicher Bergmann, wie auch Isherwood, fragen nach der Berechtigung der zuckersüßen Nichtigkeit des Films in Anbetracht der Katastrophe, die droht, aber genau diese kommerzielle Nichtigkeit öffnet Bergmann am Schluss einen Ausweg aus der Gefahr. Kommerzielle Werke werden oft von gestandenen Idealisten mit der Kneifzange angefasst, schließlich sind sie keine Kunst, nur Zeitvertreib, ohne tiefere Botschaft, aber ich frage mich, ob die Reaktion Bergmanns nicht etwas zu übertrieben ist. Menschen brauchen Träume und Unterhaltung, um ihr Leben zu überstehen und wer sind wir, so etwas zu verurteilen?
Zudem wage ich zu bezweifeln, dass es die Art von Moral ist, die Isherwood anstrebte, dass Filme nur dann gemacht werden sollen, wenn sie einen weltbewegenden tieferen Sinn haben, aber das ist meine Meinung zu dem Werk.
Allgemeiner gesprochen lässt sich dazu sagen:
„Praterveilchen“ ist ein lebendiger Einblick in das Leben am Set in den 1940ziger Jahren. Die Atmosphäre wird so treffend beschrieben, dass man meint, das Knacken, welches alte Filme an sich haben, zu hören und die Großaufnahmen der traurig dreinblickenden Augen der Hauptdarstellerin gerade zu zu spüren.