Erfolglos glücklich

Es mag auf den ersten Blick abstrus wirken, aber als ich mich neulich fragte, wie ich es anstellen könnte erfolgreicher als Autorin zu sein, wurde mir klar, dass ich das eigentlich nicht will.

Versteht mich nicht falsch, aber erfolgreich sein, ist toll. Erfolgreich zu sein eröffnet einem einen Haufen neuer Möglichkeiten. Man könnte über ein Einkommen verfügen, dass sich auf mehr, als nur 50 Cent beläuft und von dem man seine Miete zahlen kann.  Wäre toll. Allerdings kommt mit dieser schönen neuen Welt auch eine ganze Lawine an Verpflichtungen und Fallstricken, die man als nicht erfolgreicher Autor gar nicht kennt und über die einen auch garantiert keiner informiert, bis man über einen dieser Fallstricke gestürzt ist. Nur um mal drei Beispiele zu nennen wären da:

Das Finanzamt:

Ja, den großen Brocken gleich zuerst, dann haben wir das Schlimmste gleich hinter uns.

Ist man als Autor selbstständig und verfügt man aus dieser Tätigkeit über Einnahmen, muss man das dem Finanzamt melden. Das heißt im Klartext: Man meldet sich als Freiberufler oder Selbstständiger an, was wiederum zur Folge hat, dass man, von nun an alle vier Monate das Finanzamt vor der Tür zu stehen hat, weil es die Steuervorauszahlung kassieren möchte. Jedes Quartal darf man nun sowohl Geld überweisen, als auch eine „einfache“ Einnahmen - Ausgabenrechnung vorlegen, in der man all seine Einnahmen und seine bisherigen Ausgaben festhält. Dass das ein Zeitfresser sein kann, wenn man alle Unterlagen und Rechnungen einzeln durchgehen muss, abgesehen davon, dass es Geld aus dem Kreislauf nimmt, welches einem sonst für andere Investitionen zur Verfügung gestanden hätte, muss ich wohl nicht näher erläutern, oder?

Gut, dann gehen wir gleich zum nächsten Problem, das mit dem Finanzamt zusammenhängt: Die Umsatzsteuer.

Als Selbstständiger muss man die nämlich entsprechend ausweisen und abführen. Wie, wo, wann und in welcher Höhe und an wen, ist dabei so kompliziert, dass sich der Staat etwas überlegt hat, um es Einsteigern etwas zu erleichtern. Als Kleinunternehmer, was man immer dann ist, wenn man im letzten Kalenderjahr nicht mehr als 17.500 Euro eingenommen und im kommenden Kalenderjahr nicht mehr als 50.000 Euro einnehmen wird, kann man sich mit einem Antrag, den man auf dem Gewerbeamt in seiner Nähe bekommt, einfach davon befreien lassen Umsatzsteuer auf seine Rechnungen aufschlagen zu müssen. Das hat den Vorteil, dass man nicht immer in Erfahrung bringen muss, wem man Umsatzsteuer in Rechnung stellen darf oder nicht und dass man seine Produkte, wegen des Fehlens der Steuer, teilweise günstiger anbieten kann.

Der Nachteil ist allerdings, dass man auch seine Investitionen nicht mehr absetzen kann, was man sich vorher überlegen sollte, denn auch ein Lektor, ein Grafiker und ein guter Drucker kosten.

Noch ein Szenario, in dem das Finanzamt zur Kostenfalle werden kann, gefällig? Lebt man nicht allein, sondern ist man verheiratet, werden die Einkünfte beider Eheparteien zusammenveranlagt. Hat man als Autor dann doch ein paar Einkünfte vorzuweisen, können die eventuell dafür sorgen, dass man am Ende des Steuerjahres nichts vom Staat zurückbekommt, sondern noch etwas zahlen muss. Es sei denn, man kann den Einnahmen auch entsprechende Kosten entgegenstellen, wobei man da schon über die vom Staat ohnehin angesetzten Freibeträge kommen müsste, was bei einem normalen Haushalt eher schwer ist.

Die Krankenkasse:

Von dem einen großen Brocken kommen wir zum nächsten: Der Krankenkasse.

Ist man als Freiberufler tätig, muss man sich auch als solcher versichern. Das heißt, man trägt die Beitragslast, die im Falle eines Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen würde, komplett allein.

Um mal ein konkretes Beispiel zu bringen: Würde man sich jetzt bei der TK als Selbstständiger / Stelbstständige versichern, hieße das Kosten in Höhe von 400,21 Euro pro Monat für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu übernehmen. Egal wie gut oder schlecht das Geschäft läuft.

Ein Ausweg aus dieser Kostenfalle könnte, solang man kinderlos ist, eine private Krankenkasse sein oder eine Versicherung bei der Künstler- und Sozialkasse. Diese wurde extra für Kunstschaffende und Publizisten ins Leben gerufen und sichert Autoren und anderen Künstlern eine Kranken-, Sozial-, Renten- und Pflegeversicherung zu Konditionen, wie sie auch ein Angestellter hätte. Bei der Künstler- und Sozialkasse übernimmt der Versicherte die Hälfte der zu zahlenden Beitragslast, den Rest begleichen der Bund und publizistisch tätige Unternehmen. Was genau an Beiträgen zu zahlen ist, wird mit einer Einkommensschätzung ermittelt, die jedes Jahr neu gemacht wird.

Haken an dieser Kasse: Man muss nachweisen, dass man circa 80 % seiner Einnahmen durch seine Kunst erhält. Klingt einfach, setzt aber eine sehr gute Auftragslage voraus, die natürlich zum einen am Anfang nicht gegeben sein wird, und zum anderen immer wieder schwankt. Ich möchte nicht wissen, wie erfolgreich ein Künstler sein muss, um 80 % seiner Einnahmen nur durch seine Kunst bestreiten und trotzdem davon leben zu können.

Das Gewerbeamt:

Nach den zwei schlimmen Fallstricken hier noch ein Dritter: die Anmeldung beim Gewerbeamt.

Theoretisch gehört der Autor zu den klassischen freien Berufen und muss sich als solcher nicht beim Gewerbeamt melden. Dennoch gibt es viele Autoren, die einen Gewerbeschein haben und Gewerbesteuer zahlen, einfach aus dem Grund, weil sie für den Vertrieb ihrer Bücher einen Verlag gegründet haben. Und das Betreiben eines Verlags, selbst wenn dieser nur die eigenen Bücher verlegt, fällt nicht mehr unter die freien Berufe. Sobald man als Autor also einen Verlag gründet, wenn es auch nur für den Vertrieb der eigenen Bücher ist, muss man sich einen Gewerbeschein besorgen. Was dann dazu führt, dass er, genau wie dem Finanzamt auch dem Gewerbeamt Rechnung schuldig ist. Sicherlich muss er als Autor keine Gewerbesteuer zahlen, aber sollte er mit dem Verkauf der Bücher genügend Einnahmen erzielen, wird sich auch das Gewerbeamt diese Chance nicht entgehen lassen.

Allein an den drei Brennpunkten, Finanzamt und Krankenkasse, Gewerbeamt kann man sehen, dass es sich manchmal viel einfacher lebt, wenn man keinen Erfolg hat, so gemein es auch klingen mag. Erfolg macht in Deutschland alles viel teuer, viel komplizierter und gerade für Leute die keinen Bestseller landen, sondern nur geringfügig mehr verdienen alles kaum durchführbar.

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