Der Grund

Warum schreiben wir?

Nun, ich weiß nicht warum ihr schreibt oder schreiben wollt. Die Frage könnt ihr nur selbst für euch, gern auch hier in den Kommentaren, beantworten. Doch warum ich schreibe, darauf kann ich die Antwort klar geben.

Als ich jung war, so Grundschulalter, habe ich gern Geschichten erzählt. Und nachdem ich schreiben gelernt hatte, konnte ich sie aufschreiben und musste sie mir nicht mühsam merken. Dabei knüpfte ich damals gewissermaßen an eine Tradition an, denn mit dem Geschichten erzählen war ich nicht allein. Auch mein Großvater und Mutter konnten das, taten das und erfanden Geschichten für uns, für mich, um sie Abends auf der Bettkante zu erzählen. Allerdings wurden diese Geschichten nie schriftlich festhalten und sind leider verloren gegangen.

Später, als Teenie, schrieb ich, um mich in andere Welten zu verlieren, Abenteuer zu erleben. Richtige Abenteuer. Nicht nur öde Schultage mit desinteressierten Lehrern und reizenden Mitschülern.

Damals schrieb ich gegen die Idee an, dass dieser Alltag alles sein sollte, was ich abbekommen würde, weil mit der Aussicht, dass das Leben nur aus Schule, Schule, Lernen und dann Arbeiten bis zum Umfallen bestehen sollte, konnte ich mich partout nicht abfinden. Meiner Meinung nach konnte und kann das nicht alles sein. Das wäre doch ein fieser Betrug. Daher schrieb ich zu der Zeit gern, was ich selbst erlebt hätte: Geschichten über Abenteuer, fremde Städte, fremde Länder, Aufregung, Nervenkitzel und damals noch: Happy Ends.

Bis mir klar wurde, dass das Leben so nicht ist. Dass es nur in den wenigsten Fällen ein Happy End gibt und dass das Schreiben leider nichts verändert, dass es eigentlich nur noch die Freude an der Geschichte selbst gab, die mir blieb.

Doch auch der letzte Grund löste sich dann in Luft auf, als mir das Leben nach und nach immer mehr dazwischen grätschte. Umzüge, Haustiere, Beziehungen, Ausbildung und Universität, Geburten und Kindererziehung, Haushalt … Was man als normaler Mensch so auf seiner To-do Liste hat, wirkte einem etwaigen Aufflammen alter Leidenschaften entgegen und bald packte ich die alten Kladden auf das Regal, wo sie von da an immer mehr einstaubten.

Erst zum Ende des Studiums kam wieder ein Grund des Weges: Gerechtigkeit.

Ja, klingt jetzt ganz schön vollmundig, aber ist es eigentlich nicht, denn Gerechtigkeit für mich ist schlicht das "ansprechen" von Problemen. Im echten Leben gibt es viele Dinge und Leute die mich ärgern und die ich nicht ändern kann. Trotzdem bin ich ja nicht blind und tot und es gibt viele Dinge, die mir sauer aufstoßen. Die harmonischen Familien, in denen exakt eine Person ackert, während der Rest eher Team Dramaqueen ist. Chefs, die alle Arbeit, inklusive ihren Aufgaben, bei ihren Angestellten abladen. Nervtötende Kollegen, die man nicht geschenkt haben wollte, aber auch die kleinen positiven Details wie Freundschaften, Leute die man nachts um drei Uhr anrufen kann, wenn man mit dem Auto liegen geblieben ist. Die Guerilla Blumenbeete am Straßenrand, die durchgeknallten Nachbarskatzen, die sich, warum auch immer, bei euch durchfressen, das lecker dekorierte Schaufenster beim Bäcker …

All das sind Sachen, die uns tagein tagaus begegnen und die ich festhalten und ihnen einen Platz geben möchte. Damit jeder sie sehen und sich daran erfreuen oder darüber nachdenken kann. Über den miesen Chef, die guten Freunde, die lachenden, eisverschmierten Kinder unter dem Springbrunnen.

Das ist Gerechtigkeit für mich.

Die Möglichkeit Dingen einen neuen Platz, eine neue Wendung geben zu können, auf Sachen hinzuweisen, „Gehör“ zu verschaffen, denn ja, im echten Leben kann ich weder meinen Chef, noch das miese Wetter ändern, aber im Buch, da kann ich machen, was ich will. Meine Tastatur, meine Welt, meine Regeln.

Und das ist mein Grund zum Schreiben.

Was sind deine?

Weiter
Weiter

Bin ich fertig? Alles hat ein Ende nur das Schreibprojekt nicht?