Schreibkrise lösen? Vom inneren Kritiker, Selbstzweifeln und anderen Stolperfallen im Autorenleben

Wie heißt es so schön? Neues Jahr, neues Glück und ganz neue Erfahrungen? Nu ja ganz in diesem Sinne habe ich auch mein neues Schreibjahr eingeläutet, bzw. ich habe es noch nicht richtig eingeläutet, sondern bin noch mit den Vorbereitungen dafür beschäftigt.

Da ich seit Mitte des letzten Jahres mehr mit dem Buchstaben kämpfe, denn dass ich sie auf das Papier bringen kann, dachte ich mir nach einem halben Jahr Zähneknirschen, preußischer Disziplin bis zum umkippen und trotzdem so gut wie keinem (noch dazu keinem zufriedenstellenden Ergebnis), ist es Zeit für eine Veränderung. Wenn man mit den üblichen Mitteln nicht weiterkommt… muss man sich eben neue suchen. Und da ich ohnehin zum ersten Mal seit drei Jahren Urlaub, keine Ahnung was ich mit so viel Freizeit anfangen und keinen Lesestoff mehr hatte, habe ich beschlossen den eklatanten Überschuss an Freizeit, den Mangel an Lesestoff und Lösungen zu kombinieren. In Form eines Buches.

Normalerweise lese ich keine Schreibratgeber, weil sie mich nur verwirren und noch mehr unter Druck setzen. Leider bin ich so ein Typ, der immer sofort alles gleich verstehen und umsetzen will, was, logischerweise, in einer Katastrophe und purem Frust endet. Nach etlichen Fehlversuchen und nicht üebrzeugenden Ergebnissen habe ich daher schon vor Jahren beschlossen mich eher fern von Ratgebern aufzuhalten und nur dann gezielt etwas nachzuschauen, wenn ich es brauche. Diesmal aber hatte ich Zeit, wusste nicht mehr wirklich, was ich noch anfangen sollte, ja man kann verlernen was man mit Freizeit macht, wenn man lange keine mehr hatte und ich war auf der Suche nicht nur nach einem Buch, sondern eigentlich mehr nach Lösungen für die Frage, was ich mit meiner Schreibblockade tun sollte. Schließlich kann ich nicht die Einzige sein, die von dieser was auch immer Problematik gequält wird! Lange Rede, kurzer Sinn, nach ein wenig Suche wurde ich auf „Mindset für Autoren“ von Joanna Penn aufmerksam. Noch etwas Recherche mehr und es hieß, das Buch habe bereits vielen schreibgestörten Autoren und Autorinnen geholfen, ginge auf die psychologischen Probleme ein, die dem Ganzen oft zugrunde liegen und hätte fast durchweg gute bis sehr gute Bewertungen bekommen. Persönlich finde ich durchwachsene Bewertungen immer glaubwürdiger als nur gute und bei diesem Ratgeber war es so, dass es zwar auch ein paar negative Bewertungen gab, diese hatten jedoch nur zu kritisieren, dass die Tipps die die Autorin für die Veröffentlichung gäbe ausschließlich auf den amerikanischen Markt ausgerichtet und daher für deutsche Autoren nicht verwendbar wären. Gut, das war vor fast fünf Jahren. Inzwischen hat sich in Deutschland auch so einiges geändert und viele der Tipps, die in „Mindset für Autoren“ gegeben wurden kannte ich bereits. Von daher war die Kritik wohl etwas überholt. Aber gut, ich beschloss es mit dem Buch zu probieren und las es mir zwischen den Feiertagen durch, was gut machbar war, da das Buch an sich nicht wirklich dick ist. 170 Seiten, der Rest ist Danksagung, Biographie und Biblographie. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel kurz, so dass man sie auch locker unterwegs auf dem Weg zur Arbeit, von der Arbeit lesen könnte. Außerdem ist der Text immer wieder durch Zitate bekannter Autorinnen und Autoren aufgelockert.

Ebenfalls nett ist, dass das Buch gleich mit den psychologischen Faktoren oder Problemen die man als Autor mit dem Schreiben haben kann, startet.

Warum ich das nett finde?

Weil meiner Erfahrung nach 90% der Probleme, die in Verbindung mit dem Schreiben auftreten rein psychologischer Natur sind. Um noch genauer zu sein: die meisten Probleme werden durch Selbstzweifel und mangelndes Selbstvertrauen hervorgerufen. Egal um welchen Aspekt es sich im Autorenleben handelt.

Die Werbung die man geschaltet hat bringt nicht das gewünschte Ergebnis?

Es könnte doch daran liegen, dass man schlicht der falschen Zielgruppe schöne Augen gemacht hat? Oder? Nein, oder es könnte daran liegen, dass man einfach ein grauenvoller Autor ist, den die Leser hassen und das Buch ist absolut langweilig und niemand will es lesen! Schau dir doch bloß mal das Cover an! Gott! Was habe ich mir dabei gedacht?! Wahrscheinlich sollte ich es einfach aufgeben und wieder in meinen alten Job zurückkehren. Den mag ich zwar nicht und auf Dauer wird er mir das Genick brechen, aber was soll´s …

„Mindset für Autoren“ mit der psychischen Komponente anfangen zu lassen, ist clever. Ja, eigentlich widmet sich fast das ganze Buch nur den psychologischen Faktoren, denn solche Stolpersteine warten ja nicht nur während des Schreibprozesses, sondern vor, während und nach der Veröffentlichung, bei der Suche nach Agenten und Verlegern und und und.

Neben all den psychischen Aspekten kommen auch technische Tricks und Tipps zur Sprache. Was sind hilfreiche Gewohnheiten beim Schreiben, wie werden sie „gebaut“? Wie und wo finde ich Gleichgesinnte, wenn ich sie denn haben möchte? Wie baue ich mir langfristig eine erfolgreiche Autorenkarriere auf und was ist die Basis meines Schreibens und wie finde ich heraus ob ich erfolgreich bin? Und natürlich darf auch ein kurzes Kapitel über die „netten“ Anekdoten und Sprüche nicht fehlen, die man auf Feiern zu hören bekommt, sobald bekannt wird, dass man Autor oder Autorin ist.

Egal in welcher Phase des Autorenlebens man sich befindet, es hat für jeden etwas. Und ich muss zugeben, bei einigen Dingen habe ich mich selbst wiedererkannt und mich für einen Moment beruhigt gefühlt, als ich begriff, ich bin definitiv nicht allein mit meiner Schreibkrise. Anderen geht es auch so. Nicht nur anderen, sondern auch „großen“ Autoren geht und ging es so. Wir alle kochen nur mit Wasser.

Doch kommen wir zum Eingemachten, aka der Frage, ob das Buch etwas gebracht hat.

Ich denke, jeder der schreibt wird früher oder später mit einer Schreibkrise zu kämpfen haben und sich Hilfe wünschen, um da wieder herauszukommen. Allerdings..genau an dem Punkt versagt das Buch. Leider. Wenn man schon einmal so weit gekommen ist, dass man erkennt, dass man ein handfestes Problem hat, weiß man in der Regel auch schon, was die Ursache des Ganzen ist. Also ob es sich um einen handfesten Fehler, falsche Plattform um das Buch zu bewerben, oder aber um einen eher weichen Fehler, schwerer Fall an innerem Kritiker handelt.

Die Frage ist doch aber nicht was man hat, sondern wie man es loswird. Leider lässt einen das Buch hier allein. Oft wird lediglich gesagt, der Weg aus diesem Tal der Schreibkrise ist der Weg durch das Schreiben. Egal ob sich das Problem “Hochstaplersyndrom”, “Innerner Kritiker” oder “Versagensangst” nennt, die übrigens alle nur unterschiedliche Worte für ein und das selbe Phänomen sind nämlich Selbstzweifel. Immer ist das Gegenmittel: Schiebe die Angst beiseite, nachdem du ihr in die blutunterlaufenen Augen gestarrt hast, und mach weiter.

Dieses Rezept ist, so hilfreich es auch sein mag, schwer in die Tat umzusetzen und daher keine wirkliche Hilfe. Und genau da hatte ich gehofft setzt das Buch an, denn nichts ist schwerer als sich selbst den Zahn des Selbstzweifels zu ziehen. Und zwar immer und immer wieder. Denn leider trifft man als mehr als nur eine eine Schreibkrise in seinem Autorenleben. Da einfache Mantras dagegenhalten, erscheint mir bei einem ausgeprägten Fall von Mangel an Selbstvertrauen doch etwas schwach. Statt besagtes Mantra mit lauter Stimme fest aufzusagen und motiviert zu Werke zu gehen, wird es eher ein leises Nuscheln, dass nicht einmal homöopathische Wirkung entfaltet.

Natürlich könnte man sich jetzt zurücklehnen und sagen, dass die Aufgabe von Ratgeberliteratur ist, das Problem aufzuzeigen, die Diagnose zu stellen. Wie man die Sache dann angeht, dafür können nur Tipps gegeben werden. Nicht zuletzt auch, weil der Prozess des Schreibens und der Bewältigung der Selbstzweifel für jeden anders ist.

Sicher, allerdings finde ich die Erklärung greift dennoch zu kurz. Etwas mehr Hilfe hätte ich schon erwartet. Zu erkennen, was mein Problem ist, dass kann ich auch selbst. Dafür brauche ich kein Buch. Was ich brauche sind Lösungen.

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3-9-27

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Grusel, Gänsehaut und Spannung