Novlr. - Frische Schreibsoftware im Test

Eigentlich dachte ich, ich hätte schon alles an Schreibsoftwares gesehen, was es gibt, aber dann bin ich über Twitter doch noch auf zwei neue Programme gestoßen, die ich noch  nicht ausprobiert habe. Deswegen noch ein Post über Novlr. und später über DramaQueen, eine dramaturgisch denkende Autorensoftware, die ursprünglich für Drehbuchschreiber entwickelt wurde. Doch nun erstmal zu Novlr.

Noch mal zur Erinnerung: Die Kategorien in denen ich die Softwares auf Herz und Nieren teste lauten: Feature oder Bug (hat das Programm die Grundausrüstung die ich brauche oder hat es jede Menge Extrapunkte, die ich nicht wirklich brauche und die unter Umständen das ganze Programm lahmlegen?), Webapplikation und Synchronisation (wichtig für alle, die gern von unterwegs aus schreiben) und natürlich: der Kostenfaktor, der besonders für alle mit kleinem Budget interessant sein dürfte.

Feature oder Bug:

Novlr, ein Programm von Autoren für Autoren. Gut, den Spruch habe ich bei zahlreichen verschiedenen Programmen schon gelesen, mal sehen, was diesmal dahinter steckt.

Das Erste, was mir auffällt: Ebenso wie bei Evernote ist auch bei Novlr. der Arbeitsschirm zweigeteilt, was mich stark an mein ursprüngliches Schreibprogramm erinnert.

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Wie man bei dem Screenshot sehen kann, Novlr ist übrigens der auf der rechten Seite, hat man den Aufbau der Geschichte mit allen bisher geschriebenen Kapiteln links und rechts befindet sich die eigentliche Arbeitsfläche. Greift man länger nicht auf den Aufbau zurück, weil man nicht zwischen den Kapiteln springt, kann die Zweiteilung verschwinden, oder aber man kann sie ausblenden in dem man auf das kleine Menü oben links tappt.

Im Ganzen ist das Aussehen des Programms sehr spartanisch. Wer sich durch Menüs, Schaltflächen oder Knöpfe leicht ablenken lässt, wird es lieben, weil es hier, bis auf die zwei angezeigten Menüs (links: Aufbaumenü, rechts: Einstellungsmenü) keine gibt, die einen in Versuchung führen könnten.

Doch nicht nur, dass das Programm dadurch glänzt, dass es minimalistisch ist, es erstellt Statistiken darüber wann und wie viel man schreibt, so dass man als Autor gleich Informationen über seine Schreibgewohnheiten geliefert bekommt, wenn man im Einstellungsmenü oben rechts unter “writing stats” nachsieht. Da teilt mir das Programm auch gleich mit, dass ich es offenbar mag, morgens zu schreiben.

novlr2_500.png

Abgesehen von diesen Informationen gibt es noch andere Einstellungen, wie Tag -und Nachtmodus, Goals, bei dem man einstellen kann, wie viel man bis wann geschrieben haben möchte, Integration, eine Funktion, die anbietet, wo man seine Sachen speichern kann (Google, Dropbox …) oder von wo man Informationen übernehmen möchte oder aber die Publish Funktion, die es dem Autor erlaubt, seinen Text in einen epub oder mobi umzuwandeln. Diese Funktionen sollen aber hier nicht diskutiert werden, weil sie für mich bei dem eigentlichen Schreibprozess nicht ausschlaggebend sind. Wichtiger für mich ist, ob man mit Novlr. unterwegs auf kleinem Bildschirm arbeiten kann und was passiert, wenn ich offline weitertippe.

Synchronisation und Webapplikation:

Laut Novlr. ist Arbeiten offline kein Problem. Ist man offline unterwegs, wird das Geschriebene im Localstore gespeichert und synchronisiert, sobald man wieder online ist. Ein Verfahren, wie ich es auch von Evernote kenne.

Einziger Haken hierbei: Novlr. hat, bis jetzt, keine Mobile App. Ich sage bewusst bis jetzt, da das Team hinter Novlr. über die Entwicklung einer solchen nachdenkt.

Kosten:

Kommen wir nun zu dem anderen großen Punkt, der mit darüber entscheidet, ob ich mir ein Programm leiste oder nicht: die Kostenfrage.

Leider ist Novlr. nicht kostenlos. Nach der zweiwöchigen Probierphase muss man sich entscheiden, ob man zehn Dollar pro Monat oder hundert Dollar pro Jahr dafür ausgeben will. Zugegeben, im Vergleich mit anderen Schreibsoftwares für Autoren sind das Peanuts, aber wenn man Novlr. mit Evernote vergleicht, dem es doch sehr ähnlich ist und das für sechzig Euro pro Jahr eine Premium Mitgliedschaft anbietet, ist es teuer.

Fazit:

Novlr. ist ein ähnliches Programm, dass mich stark an Evernote in seiner Startphase erinnert. Es bietet einem die Möglichkeit von unterwegs aus an seinen Projekten zu arbeiten. Hat man mehrere Projekte, so ist das auch kein Problem, da Novlr. eine gute Struktur findet, die es einem leicht macht sich zurechtzufinden.

Das Aussehen der Software ist schön. Manchem mag es zu spartanisch sein, aber wenn es einem nur darum geht, seine aktuellen Projekte vorliegen zu haben und zu wissen, wo man das letzte Mal was geschrieben hat und da weiter zu machen, dann ist Novlr. perfekt. Perfekt ist es auch für die Kandidaten, die sich durch zu viele Knöpfe ablenken lassen.

Der Kostenfaktor hält sich in Grenzen. Im Vergleich zu anderen Programmen ist es unter den günstigeren Varianten. Nachteil der geringen Kosten: Dafür bietet Novlr. auch nur den Basisservice. Wer hier nach Charakterprofilen, Mind Maps, nach der Möglichkeit sich Fristen zu setzen, sowie einer Grammatikkontrolle, einem Thesaurus und all dem anderen Kram Ausschau hält, der wird enttäuscht werden. Wer meint, so etwas zu brauchen, ist besser mit Scrivener beraten. Das kann man zwar nicht von unterwegs aus bedienen, aber hey, es gibt umfangreiche Charakterprofile, bei denen man zwischen Tausenden von verschiedenen Blondtönen wählen kann. Ob das die Qualität des Textes verbessert … Das lass ich offen.

Weiterer Minuspunkt von Novlr. oder erster, wenn man keinen Thesaurus oder Ähnliches braucht, ist, dass es noch keine App für das Programm gibt.Bis jetzt. Denn, die Entwickler von Novlr. denken darüber nach eine zu basteln.

Leider denken sie im Zuge dessen über noch weitere „Verbesserungen” nach und genau das ist es, was sie am Ende den Kopf kosten wird, da es dann zu einem Monster wird, dass mit anderen Schreibsoftwares in Sachen Accessoires gleichauf schließen kann. Zum Schluss wird es eine Kopie von Scrivener oder anderen großen und teuren Programmen sein, dass sich Autoren mit kleinem Budget nicht mehr leisten können. Ich denke, Autoren, die umfangreiche Features haben wollen, werden eher auf Scrivener vertrauen, während Autoren ohne dickes Portemonnaie durchaus noch die Reflexe haben, sich bei Schwachstellen des Programms wie fehlender “Character Profiles” mit dem guten alten Notizbuch abzuhelfen.

Doch um den Istzustand festzuhalten, bis jetzt ist Novlr. eine Autorensoftware, die genau das bietet, was man unterwegs braucht: Man kann mit ihr schreiben. Nicht mehr, nicht weniger.

Nachtrag: Nachdem ich nun dazu gekommen bin, Novlr. mal offline auszuprobieren muss ich hier noch einen Nachtrag machen. Ja, das arbeiten offline geht. Ruft man die Novlr. Seite auf, erscheint sie, man kann einen neuen Text schreiben und es wird auch gesichert und synchronisiert, sobald man wieder online ist, aber….
Zum einen ist es nicht möglich in bereits bestehende Texte zu kommen und zum anderen darf ich die Novlr. Seite nicht mehr schließen, da ich sonst nicht wieder an meinen Text herankomme, bis ich wieder online gehe. Eine wirkliche offline Verfügbarkeit sieht anders aus. Zum zum Notizen machen zu einem Projekt ist das o.k., aber man kann nicht zwischen verschiedenen Texten / Projekten wechseln, was das Programm sinnlos macht für jemanden der unterwegs arbeitet, es sei denn er ist dauerhaft mit dem Netz verbunden, wobei ich mir dann auch ein anderes Programm wie Open Office besorgen kann, was mich keinen Cent pro Jahr kostet und auch alles erfüllt, was Novlr. kann, auch wenn ich da eine sperrigerer Benutzeroberfläche in Kauf nehmen muss.

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Das Pseudonym

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Rezension “Die Erzähler” von Ursula Le Guin