Höher, weiter, schneller …

Höher, weiter, schneller, professioneller…

Das gibt es nicht nur bei den Olympischen Spielen und in der Tour de France, sondern auch der Autorenalltag beinhaltet seine ganz eigene Anschauung und Umsetzung dieses Mottos und zwei Namen, die für mich untrennbar damit verbunden sind, lauten: Scrievener und Papyrus.

Diese beiden Namen stehen stellvertretend für eine Trennlinie, die durch die Autorenwelt verläuft und auf deren einer Seite sich die Autoren befinden, die Geld in ihre Projekte investieren können und auf der anderen Seite die Autoren sind, die das eben nicht können. Oder aber, wie ich gern sage: Auf der einen Seite findet man die Autoren, die sich teure Schreibprogramme wie Scrievener und Papyrus leisten können (oder wollen) und auf der anderen Seite stehen all die, die sich das nicht leisten können (oder wollen).

An sich wäre so eine Trennung nicht schlimm, wenn nicht automatisch Annahmen über die jeweils andere Seite damit einhergehen würden, die alles andere als die Wahrheit oder fair oder schön sind.

So wird den Autoren ohne teures Schreibprogramm gern vorgeworfen, dass sie doch reine Hobbyautoren wären. Dass sie das Schreiben nicht wirklich ernst nähmen und dass das, was sie produzieren, nicht wirkliche Qualität sei, denn, um diese zu sichern, muss man Geld investieren. Nicht nur in das passende Schreibprogramm, sondern auch in anschließende Leistungen, wie Lektorat, Korrektorat.

Andererseits werfen Autoren mit wenig finanziellen Mitteln denen mit üppigeren Mitteln gern vor, dass sie Kreativität mit Käuflichkeit verwechseln. Dass sie denken, dass ihre langweiligen Ideen besser werden, wenn sie nur in das richtige Schreibprogramm, den richtigen Lektor investieren und das sie zu bequem sind, wenn sie, anstatt sich Mittel und Wege zu überlegen die weniger kosten, einfach auf ihr Polster zurückgreifen.

Beide Seiten haben natürlich nur zum Teil recht.

So kann ich der Aussage, dass „Hobbyautoren“ das Schreiben nicht ernst nähmen nichts abgewinnen. Im Gegenteil. Wenn man sich ansieht, was sich Autoren mit wenig Geld für Gedanken machen und was sie alles unternehmen, um die Qualität ihres Werkes abzusichern, kann ich nur sagen, würde das jemand tun, dem das Schreiben egal ist? Wohl kaum. Da wird aus den kostenlosen Programmen der letzte Tropfen herausgeholt. Da wird der Duden noch und noch bemüht, um sicher zu sein, dass die Rechtschreibung und Orthographie stimmt. Da wird auf Synonymdatenbanken zurückgegriffen. Es wird sich durch Foren gearbeitet, in der Hoffnung auf einen validen Schreibtipp oder aber auch auf Testleser, wenn man sich ein Lektorat nicht leisten kann. Allgemein kann man sagen: Ein sogenannter Hobbyautor putzt ziemlich viele Klinken, um sein Manko auszugleichen und er wird verdammt kreativ, weil er es werden muss.

Die Autoren mit einem finanziellen Polster haben das nicht nötig. In ihrem Schreibprogramm ist eine Rechtschreibkorrektur bereits eingebaut. Synonyme werden angezeigt. Die Satzstruktur auf Lesbarkeit untersucht und Änderungsvorschläge gemacht. Auch Sachen, die im Lektorat geklärt werden, wie z. B. Spannungsbogen der Geschichte, können von manchem Programm untersucht werden. Klar, wenn all das bereits in einem Produkt vorhanden ist, muss ich nicht mehr suchen gehen und klar, werde ich dann bequem. Also das Vorurteil ist nicht von der Hand zu weisen. Eben so wenig wie das harte Urteil, dass eine langweilige Idee durch ein teures Schreibprogramm besser würde. Sicher, eine Idee kann noch so gut sein, ein Autor noch so motiviert, manchmal braucht man Hilfe von jemand, der sich auskennt, um die Idee gut umzusetzen. Und für solche Hilfe muss man in der Regel zahlen. Ein Autor mit entsprechendem Polster hat es da einfacher seine Ideen umzusetzen, als jemand, der sich selbst helfen muss.

So oder so bleibt aber festzuhalten, dass die Aussage, wenn man das Schreiben ernst nimmt, braucht man teures Equipment sowohl kurzsichtig, dumm, als auch sehr unfair ist.

Kurzsichtig, denn nicht die Ausstattung macht die Idee, sondern der Kopf dahinter. Auch mit der teuersten Kamera kann es sein, dass deinen Bildern das gewisse Etwas fehlt, während ein anderer tolle Bilder mit seinem Handy macht, einfach weil er zur rechten Zeit am rechten Ort war und abgedrückt hat.

Zufallsbild, gemacht mit dem Handy

Zufallsbild, gemacht mit dem Handy

Unfair, weil es den Aufwand und die Energie, die viele Autoren und Autorinnen in ihre Werke stecken, kleinredet und Dinge pauschal unterstellt, die nicht wahr sind.

Zudem liegt es nicht immer am wollen, wie gern mal behauptet wird. Nicht jeder will sich um das teure Schreibprogramm, das Lektorat drücken. Manch einer hat schlicht keine Wahl, einfach weil die Einkünfte aus dem Schreiben nicht reichen und mit dem Geld des Brotjobs die Miete gezahlt werden muss. Was sollen diese Autoren machen? Einfach mit dem Schreiben warten in der Hoffnung auf bessere Zeiten? Seit wann sollten die finanziellen Mittel bestimmen, wer literarisch tätig sein darf und wer nicht? Schlimme Vorstellung.

Zudem muss ich hier den Stab für die kostenlosen Programme brechen. Viele der Features, die bei den teuren Programmen bejubelt werden, sind inzwischen bei den kostenlosen Programmen zu finden. Zum Beispiel eine Inhaltsangabe, mit der man schnell von Kapitel zu Kapitel wechseln kann und die einem eine klare Struktur vorgibt. Ebenso gibt es einen Thesaurus, der mir auf Knopfdruck Synonyme vorschlägt. Die Rechtschreibung wird auch korrigiert. Was den Rest angeht… Für das eigentliche Schreiben brauchen das die wenigsten und die, die es brauchen, haben längst einen Weg herum gefunden. Schließlich haben Autoren auch in Zeiten von Pergament und Feder gute Geschichten schreiben können, ohne das irgendein Programm auf den Spannungsbogen hingewiesen hat.

Jemand, der Pauschalaussagen wie, wer nicht mit teurem Equipment arbeite, erzeuge nur Müll, äußert, ist jemand, der zu bequem ist, über seinen Tellerrand hinauszuschauen.

Und an jeden, der sich mit solchen Anschuldigungen konfrontiert sieht und sich fragt, ob man sich wirklich so ein teures Programm besorgen muss, ob es wirklich ein Lektorat braucht um ein gutes Buch zu schreiben, dem sei gesagt: Nein, braucht es nicht. Versuche dein Bestes zu geben und versuche deine Defizite so gut du kannst auszugleichen und Hochachtung vor deiner Geduld und Spucke. Getreu Pratchetts Motto: Witches learn to do with little.

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Heiß, heißer, da läuft sie, meine Konzentration! - Schreiben im Sommer

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